23.07.2024

Auch in Magdeburg ist der Klimawandel zu spüren. Wir erleben längere Hitzeperioden oder starke Niederschläge. Wie bereitet sich Magdeburg auf die extremen Wetterlagen vor, und warum muss die Landeshauptstadt eine sogenannte Schwammstadt werden? Darüber hat der SWM kurier mit Dr. Ingo Kastner von der Stabsstelle Klima der Landeshauptstadt Magdeburg und Kristin Kucera, Sachgebietsleiterin der Grundsatzplanung Abwasserentsorgung bei SWM, gesprochen.

Herr Dr. Kastner, ist es in den letzten Jahren in Magdeburg wärmer geworden?

Dr. Kastner: Ja. Steigende Temperaturen zeigen sich überall auf der Welt. Europa ist hiervon besonders stark betroffen und damit auch deutsche Städte wie Magdeburg. Unsere Klimaanalysen lassen uns annehmen, dass sich die Erhitzung weiter beschleunigt. Im Jahresdurchschnitt hat sich die Temperatur seit 1991 um ein Grad Celsius erhöht. Von den zehn wärmsten Jahren in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnung ereigneten sich sieben im vergangenen Jahrzehnt. Daher arbeiten wir zurzeit an einem Hitzeaktionsplan, um die Bevölkerung besser vor der Hitze zu schützen. 2025 wollen wir den Plan vorstellen.

Was beinhaltet der Hitzeaktionsplan?

Dr. Kastner: Im Wesentlichen wird es darum gehen, über Hitzerisiken aufzuklären, Risikogruppen in akuten Hitzesituationen zu schützen und kühle Orte zu schaffen.

Kühle Orte? Was ist damit gemeint?

Dr. Kastner: Wir versuchen, die Luft in der Stadt zu kühlen. Das gelingt, indem wir die Innenstadt grüner gestalten. Mehr parkähnliche Flächen, mehr Bäume, mehr Rasen. Je mehr Bäume und Blätter wir haben, desto mehr Wasser verdunstet. Das wiederum kühlt die Luft in einer Stadt deutlich ab. Dazu kann auch jeder Hauseigentümer beitragen, indem er sein Grundstück entsiegelt.

Wie passt sich Magdeburg dem Klimawandel an?

Dr. Kastner: Magdeburg hat schon relativ früh erkannt, dass Maßnahmen nötig sind, um den Auswirkungen der Extremwetterlagen zu begegnen. Die Stadt hat 2018 ein Klima-Anpassungskonzept verfasst und ein Bündel von Maßnahmen beschlossen. Zum Beispiel den Hochwasserschutz. Wir rechnen mit längeren Dürreperioden einerseits und extremen Regenfällen andererseits. Die Herausforderung ist also, das oftmals wenige Wasser gut zu speichern und viel Wasser bei starkem Regen gut abzuleiten.

Schafft das unsere Kanalisation, Frau Kucera? Sind die Kanäle auf extreme Regenfälle vorbereitet?

Kristin Kucera: Keine Kanalisation einer deutschen Stadt ist für extreme Niederschläge geplant oder gebaut worden. Auch die Magdeburger Kanalisation nicht. Wir würden sehr große Kanäle für wenige
Starkregenereignisse bauen. Das wäre nicht wirtschaftlich. Viel wichtiger ist es, bei Starkregen ein gutes Zusammenspiel zu finden: Zwischen der Kanalisation, in der es abfließt und Maßnahmen, um
das Wasser zu speichern und versickern zu lassen. Genauer gesagt: Wenn wir Regenwasser am Ort halten können, sickert es ins Grundwasser oder bewässert Bäume unmittelbar. Das wäre gut. Dennoch werden wir bei Starkregenereignissen zeitweise mit Oberflächenwasser auf Straßen, welche als Notwasserwege fungieren, leben müssen.

Kind spielt mit Rasensprenger

SCHWAMMSTADT

heißt: Wasser aufnehmen, speichern und abgeben.

Gibt es dafür auch einen Plan seitens der Stadt?

Dr. Kastner: Ja, statt Regenwasser über die Kanalisation abzuleiten, wird es vielerorts gesammelt und gespeichert. Die Stadt saugt sich wie ein Schwamm mit Regenwasser voll und gibt es bei Hitze und Trockenheit wieder ab. Das Zauberwort heißt Schwammstadt. Dafür müssen wir Flächen schaffen, die große Mengen Wasser aufnehmen können. Das reduziert Überschwemmungen, verbessert das Stadtklima und fördert die Vegetation.